Frau Schletterer singt nicht mehr

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Ja
Seriensucht
13.01.2024 08:15

Seit vielen  Jahren laufen in den Öffentlich-Rechtlichen ja diverse Arzt- und Krankenhausserien. Ich guck die auch wirklich gern. Denn auch wenn in diesen Serien gern mal alles blau ist (Bettwäsche, Wände, Küchenmöbel, Alltagskleidung), vermitteln sie mir doch ein Heile-Welt-Gefühl, das mich den Alltag eine kleine Weile lang vergessen läßt.
Sie fragen sich jetzt vielleicht, wie ich angesichts durch Unfall verletzte und ggf. entstellte, krebskranke, herzkranke und evtl. auch neurologisch erkrankte Menschen von Heile-Welt-Gefühl reden kann. Da ist doch gar nichts heil, mögen Sie jetzt in Ihren Bart raunen.
Aber klar doch! Wo sonst als in der Sachsenklinik, in der Karlsklinik oder dem Johannes-Thal-Klinikum ist denn sofort, wenn der Patient durch die Tür tritt, ein Arzt zur Stelle und geleitet den Geplagten direktemang in die Notaufnahme? Wo sonst ist auch sofort für die spezifischen Beschwerden der Facharzt verfügbar? Und wo sonst, wenn nicht im Fernsehen, werden natürlich außer einer gebrochenen Nase als Nebenbefund auch noch Gallensteine, ein Aneurysma und eine erblich bedingte Kupferüberversorgung festgestellt? Und wo, wenn nicht in diesen Kliniken, ist auch sofort ein MRT-Termin frei und kann eine Lumbalpunktion durchgeführt werden? Selbstverständlich hat der Patient auch zufällig grad seit Stunden nichts mehr gegessen und kann umgehend seiner dringend benötigten Magenspiegelung zugeführt werden, die – wenn er auch nur eine viertel Stunde länger hätte drauf warten müssen – für die Rettung des Patientenlebens zu spät gekommen wäre.
Und wenn Sie genau aufpassen, dann lernen Sie schnell, daß immer, wenn einem Patienten ausdrücklich Bettruhe verordnet wird, in der nächsten Szene Partner oder Partnerin einen Streit mit ihm vom Zaune brechen, aus diesem wütend weglaufen und damit den eigentlich Bettlägerigen dazu bringen, trotz expliziten Aufstehverbots das Bett zu verlassen, sich aller Schläuche und Pflaster zu entledigen und dem anderen nachzueilen. Selbstredend kommt der Leidende nicht mal bis zur Tür, sondern bricht blutend vor dem Bett zusammen, wo ihn wundersamerweise sofort(!) die diensthabende Schwester und nicht etwa irgendein Assistenzart, sondern der Chefarzt himself auffinden, um stehenden Fußes die lebensrettende Not-OP einzuleiten.
Das Pflegepersonal hat natürlich auch stets ein offenes Ohr für die familiären Probleme seiner Schützlinge, die selbstverständlich ausführlich diskutiert werden, sobald die kleine Patientin nach einer überaus gefährlichen Gehirn-OP gerade mal wieder die Augen aufgemacht hat, und vermittelt erfolgreich auch bei schlimmsten Zerwürfnissen.  Schließlich geht es ja um das Wohl des gemeinsamen, schwerkranken Kindes, nicht wahr?!
Oh, ich merke, ich wäre eine grandiose Drehbuchautorin geworden! Von den Namen bedrohlichster Krankheiten bis zur Liste der in Frage kommenden Therapieansätze hab‘ ich mittlerweile alles drauf! Auftragsangebote werden ab jetzt dankend angenommen.

 

Ungeschminkte Wahrheiten
Notfall oder nicht?

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